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Vogelschutz an Gebäuden - ein positiver Bericht

Mitunter passieren seltsame Dinge: Da müssen Schäden repariert werden, ein altes Haus soll einem neuen Platz machen oder es ist einfach die Fassade mal wieder dran. An sich kein Problem, sofern man rechtzeitig daran denkt, dass auch Tiere von den geplanten Maßnahmen betroffen sein könnten.

Beispiel 1: Hausabbruch in Haigerloch-Stetten

Mitten in Haigerloch-Stetten sollte ein Haus abgebrochen werden, um Platz für eine neu geordnete innerörtliche Bebauung zu ermöglichen. Das Haus war schon seit Jahren leer gestanden und in einem baufälligen Zustand, so dass sogar der Zugang gesperrt werden musste. Im Zuge der Abbrucharbeiten wurde am 02. Mai 2016 zufällig entdeckt, dass die drei Schwalbennester von den kürzlich zurückgekehrten Mehlschwalben beflogen wurden. Dabei war Eile angesagt, denn die Abbrucharbeiten sollten eigentlich am 04. Mai abgeschlossen sein.

In einer kurzfristig angesetzten E-Mail- und Telefon-Staffette konnten der NABU Haigerloch, Bauhofleiter Andreas Moritz, Ortsvorsteher Konrad Wiget und Bau- und Hauptamtsleiter Hans-Martin Schluck nach Rücksprache mit der Unteren Naturschutzbehörde eine Lösung finden: Weil sich die Eigentümerin der angrenzenden Hauses bereit erklärt hatte, den Schwalben an ihrem Haus Wohnraum zur Verfügung zu stellen, wurden dort am 03. Mai vom Bauhof zwei Schwalben-Doppelnester angebracht - mitsamt einem Kotbrett, um einen Großteil der herunter fallenden Hinterlassenschaften aufzunehmen. Jetzt müssen die Schwalben nur noch Umzug bewältigen.

© Foto: Herbert Fuchs
Haus kurz vor dem Abbruch
 

© Foto: Herbert Fuchs
Eine Doppel-Nisthilfe und ein Naturnest
 

© Foto: Andreas Moritz
Herr Rebmann vom Bauhof und der Maschinenführer der Freiwilligen Feuerwehr


Ohne die Freiwillige Feuerwehr Haigerloch hätte das nicht geklappt. Übrigens: Dauer der Lösungsfindung und damit Bau-Verzögerung: 1 Tag. Bravo den Akteuren!


Update vom 25.11.2016: Wir wollen nicht vergessen zu berichten, dass die Aktion erfolgreich war: Ein Schwalben­pärchen, das sich für eines der Nester am alten Haus interessiert hatte, war sofort zum "Umzug" bereit. ▶▶ klick


Beispiel 2: Renovierung einer Giebelseite

Ebenfalls in Haigerloch-Stetten steht an der Ortsdurchfahrt beim Bahnhof ein ehemaliges Fabrikgebäude. Dieses haben sich Mehlschwalben seit vielen Jahren als idealen Brutplatz ausgewählt - bis zu 100 Naturnester befinden sich am Gebäude. Der Besitzer Ivo Lavetti freut sich jedes Jahr auf die Rückkehr der Schwalben und der erhöhte Reinigungsaufwand stört ihn überhaupt nicht. Seine Devise: "Die Tiere sind darauf angewiesen, dass wir bei unseren Handlungen Rücksicht auf deren Bedürfnisse nehmen."

Die geplante Fassadenrenovierung hatte sich wegen des schelchten Wetters verzögert und darüber hinaus musste auch noch eine Dachgaube repariert werden. Deshalb konnten die Malerarbeiten erst beginnen, als die Schwalben schon zurück waren. Aber kein Problem: Malermeister Michael Henle erhielt den Auftrag, auf die Schwalben sehr sorgfältig Rücksicht zu nehmen. Deshalb kam auch nicht der Dampfstrahler zum Einsatz, sondern bei allen Maßnahmen wurde sorgfältig um die Nester herum gearbeitet.

© Foto: Herbert Fuchs
Die Giebelseite ist eingerüstet
 

© Foto: Herbert Fuchs
Ein Naturnest am anderen
 

© Foto: Herbert Fuchs
Während des Fotografierens sitzt eine Schwalbe im hintersten Nest


An derart traditionellen Brutplätzen sind auch die Schwalben offenbar nicht besonders scheu und scheinen es zu merken, wenn man ihnen nichts Böses tun will. Während der ganzen Arbeiten schwirrten sie ständig um Michael Henle herum und kaum machte er Pause, wurden die Nester beflogen. Man kann davon ausgehen, dass schon kurz nach Abschluss der Arbeiten die ersten Eier in den Nestern liegen. Gut gemacht!


Beispiel 3: Gebäudesicherung am Rathaus

Eine schwierigere Aufgabe stellt sich den Akteuren am Rathaus in Haigerloch: Weil Wasser in die "Reiter" an der Dachkante eingedrungen war und so nach und nach Hohlräume entstanden waren, konnten sich dort Vögel einnisten. Besonders beliebt waren die Mauersegler, die solche Stellen bevorzugt besiedeln und ansonsten unter akuter Wohnungsnot leiden.

Weil nach Auskunft von Bau- und Hauptamtsleiter Hans-Martin Schluck die Gefahr bestanden hatte, dass die "Reiter" abbrechen und herunterfallen, war die Entscheidung gefallen, die Löcher Mitte April zu verschließen. Leider hatte man bei dieser Gelegenheit nicht an die Mauersegler gedacht und als die Vögel Ende April aus ihren Winterquartieren zurück kehrten und die Nistplätze gezielt anflogen, fanden sie diese verschlossen vor.
 

© Foto: Herbert Fuchs
Die Traufkante des Haigerlocher Rathauses

© Foto: Bernhard Gluer
Wilde Jagd durch die Lüfte

© Foto: Herbert Fuchs
Hier konnten Mauersegler nisten


Glücklicherweise wurde man in der Nachbarschaft auf das Problem aufmerksam, so dass jetzt möglichst bald versucht wird, auch für diesen Fall eine Lösung zu finden. NABU Haigerloch, Stadtverwaltung, Bauhof und die Anwohner hoffen, dass das bald gelingt. Leider wird das eine recht aufwändige Angelegenheit, doch weil bei allen Akteuren der gute Wille vorhanden ist, hoffen wir, an dieser Stelle möglichst bald erneut Positives berichten zu können.

Update vom 25.11.2016:
Wie nicht anders zu erwarten, gestalteten sich die Verhandlungen zwischen den beteiligten Stellen recht unkompliziert und es konnte eine einvernehmliche Lösung gefunden werden: In den Fächern zwischen den Balkenköpfen sollten speziell angefertigte Nisthilfen angebracht werden.
 

© Foto: Thomas Kost

© Foto: Ernst Lohmüller

© Foto: Ernst Lohmüller

Fotos: Thomas Kost (links), Ernst Lohmüller (Mitte und rechts)

Am Morgen des 23. November rückte dann eine LKW-Arbeitsbühne an und vom Bauhof der Stadt wurden 20 maßgeschneiderte Kästen montiert. Damit konnten zwar die neuen Nistplätze nicht mehr rechtzeitig für die Brutsaison 2016 zur Verfügung gestellt werden, dafür ist aber ab 2017 alles ordentlich hergerichtet und die Segler können kommen ...


Ein Nachwort

Manche meinen, so etwas sei doch völlig übertrieben. Dabei ist das vom Gesetzgeber her völlig klar: Nistplätze von Schwalben und Mauerseglern sind (wie auch bei Fledermäusen) völlig tabu und bei der Planung von Baumaßnahmen muss darauf Rücksicht genommen werden - ebenso wie auf viele andere Vorschriften, über die sich kein Mensch mehr Gedanken macht.

Wer mehr über die Rechtslage wissen will, findet z.B. hier weitere Informationen:
https://mauerseglerschutz.wordpress.com/gesetzliche-grundlagen/

Und wer sich darüber hinaus über den Artenschutz am Haus informieren will, findet hier eine gut gemachte Projekt-Seite aus Tübingen: http://www.artenschutz-am-haus.de/

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